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"Dirlewanger Innovations Impulse"  
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Nr. 2, 2007

Patente, DIN-Normen, CE-, FDA- und andere Zulassungen für neue Produkte erscheinen oft als unüberwindbare "Sachzwänge", an denen so manche neue Idee scheitert.

In zwei aktuellen DI-Innovationsprojekten tauchten die erforderliche Zulassung der FDA (Arzneimittelzulassungsbehörde der USA) und ein bestimmtes Patent immer wieder als "Damoklesschwert" auf, das das kreative Weiterdenken behinderte.

Bei genauerem Hinsehen erwies sich allerdings, dass Vieles nicht an diesen Zulassungshürden scheitert, sondern schon vorher an der "Zulassung" im Kopf! Dazu zwei Gastbeiträge von erfahrenen "Outsidern", die auch an diesen Projekten teilgenommen haben:


Impuls 1 ------------------------------------------------------------------------

GASTBEITRAG I
von Dr. H. Wenzl

Physiker, Koordinator von EU-Projekten im Energie-Bereich:

"Normen sollen Sachverhalte festschreiben um bestimmte Eigenschaften und Vorgehensweisen zu gewährleisten. Das ist sinnvoll. Schwierig wird es, wenn sich diese Standards so im Denken einnisten, dass sie das freie Denken über Optionen verhindern.

Gerade, wenn man in Bereichen mit vielen Normen und Zulassungen Innovation kreieren will, muss man mit Normen ganz bewusst umgehen und mit ihnen gezielt "jonglieren", statt sie als unbeweglich zu betrachten. Hilfreich ist es dabei, sich immer wieder klar zu machen:

- Es ist zulässig, sich über Normen hinwegzusetzen, man muss es allerdings gut begründen.

- Normen zementieren Produkte und Märkte von gestern. Wenn man Normen nie in Frage stellt, dann wird Innovation erschwert. Beispiel: CDs erfüllen nicht die Normen für Schallplatten.

- Normen sind nie nur technisch, sondern immer auch interessenorientiert. Man kann Normen auch verändern, indem man in Normengremien mitarbeitet - was nicht bei jedem Unternehmen selbstverständlich ist."

Impuls 2 -----------------------------------------------------------------------

GASTBEITRAG II
von Stefan Liedholz

Erfinder und Unternehmer, time and eyes:

"Killer-Patente sind nicht immer Killer-Patente, stellte ich bei der Entwicklung eines neuen Golfballs fest. Für die Firma Cats Eye in Holland sollte ein Golfball für den US-Markt entwickelt werden, der beim Abschlag für 15 bis 20 Minuten zu leuchten beginnt.

Erste Ideen und Konzepte wurden entwickelt, bis einer der Entwickler sagte: "geht nicht, seit 1932 werden Patente angemeldet, wo genau diese Idee beschrieben ist". Damit war die Idee tot, eine Business-Chance vorbei. Normalerweise.

Das "Geht nicht" weckte meinen Sportsgeist und ich recherchierte, was die Patente genau sagten. Erstaunt stellte ich fest, dass die Patente zwar alle möglichen Lichtquellen und Schalter im Ball beinhalteten, aber über eine indirekte Beleuchtung des Golfballs wurde nichts gesagt.

Wir haben daraufhin die Idee weitergedacht und einen Kunststoff mit kristallähnlicher Struktur und einer Diode im Innern des Balls entwickelt. Die Diode strahlt Wellen im nicht sichtbaren Bereich ab. Die Kristalle im Kunststoff speichern die Strahlen und geben diese dann wieder ab als sichtbares Licht – der Ball leuchtet. Eine spezielle Ball-Box, gibt dem Ball vor dem Spiel eine Lichtdusche – sättigt die Kristalle - die nach dem Abschlag den Ball leuchten lassen.

Man sollte sich also nicht immer gleich von "Patenten" beeindrucken oder verstören lassen, sondern nach Wegen suchen, wie man etwas trotzdem realisieren kann. Der Ball ist jetzt zu kaufen bei amazon."


AUS AKTUELLEN DI-PROJEKTEN:

Impuls 3 -----------------------------------------------------------------------

Telefonische Patente. Nach zwei Jahren höre ich von einem Auftraggeber, dass 3 Patente im Bereich Klimatechnik aus einem "Telefon-Workshop" mit mir entstanden sind. Wegen einer Rückenverletzung konnte ich damals nicht nach Berlin reisen, sodass wir eine telefonische Standleitung einrichteten und ich einen Tag lang die 8 Entwickler fernmündlich durch Problemklärung, Ideengenerierung und Bewertung führte.

Impuls 4 -----------------------------------------------------------------------

Wie könnte Lufthansa im Flugzeug Pinguinen Tomatensaft servieren oder Stechmücken anschnallen? Mit solchen und ähnlichen Fragen sollten in einem von DI geleiteten Innovationsworkshop für Lufthansa Ideen für neue Kabinen-Konzepte entwickelt werden.

Ziel dabei war es, durch die Veränderung des Rahmens (Tiere), das Flugzeug-spezifische Fachwissen der Lufthansa-Experten "aufzubrechen" und dann für neue Lösungen innerhalb des bestehenden Rahmens (Menschen in der Kabine) wieder einzusetzen. Diese Verfremdungs-Methode ermöglichte eine befreiend neue Sicht auf die schon oft durchdachten Themen.

Impuls 5 -----------------------------------------------------------------------

Die bekannte, aber selten eingesetzte Methode der Semantischen Intuition war dagegen eher für die zum Lufthansa-Workshop geladenen Outsider-Experten von Bang&Olufsen, Volkswagen Individual, eine Telekommunikations-Expertin, einen Film-Regisseur, eine Architektin, einen Erfinder und einen Designer gedacht.

Hier kombinierten die Teilnehmer 90 Begriffe aus dem Bereich "Flugzeugkabine" möglichst ungewöhnlich miteinander zu Wortpaaren. Beim genauen Hinsehen und Weiterdenken entpuppten sich dann die zunächst nicht zusammenpassenden Paare als interessante Ideen wie z.B. Kopfkissen-Tablett oder Luft-Tablett.

Um die Bodenhaftung nicht zu verlieren, bestiegen alle Workshop-Teilnehmer vorher zur Problem-Klärung vor Ort einen Jumbo in der Werft auf dem Frankfurter Flughafen und machten sich mit dem Thema "Kabine" vertraut - auch hinter den Kulissen wie z.B. den Crew-Schlaf-Kabinen.

Der verantwortliche Innovationsmanager Christopher Siegloch von Lufthansa dazu: "Das waren sehr inspirierende Workshops, ich habe so etwas vorher nicht erwartet".

Inzwischen wurden von den über 80 Konzepten fünf dem Management-Board präsentiert und zweien davon das ok für die Weiterverfolgung durch zwei Teams gegeben.

Impuls 6 ----------------------------------------------------------------------

Die Star Trek-Methode einmal anders: Bewährt hat sich inzwischen in Innovations-Workshops, bei der Bewertung die Star Trek-Rollen aus der gleichnamigen Science Fiction-Serie zu nutzen.

Neu ist, was ich in einem Innovationsprojekt der DEGUSSA AG empfahl und was zur Zeit erprobt wird: Für jede der ausgewählten Ideen wurde ein Vierer-Team gebildet, das bei der Weiterentwicklung und Umsetzung der Idee mit dieser Rollenverteilung als Sparringspartner mit dem Projektkümmerer zusammen zusammenarbeitet:

- Projekt-Kümmerer

- Mr. Spock (fragt grundsätzlich: "interessant, warum eigentlich nicht?")

- Scotty (geht mit der Haltung daran: "Das könnte gehen, wenn man ...")

- Captain Kirk (entscheidet mutig und selbstbewusst).

Nutzen und Ziel dabei ist es, sich durch die strikte Rollendefinition gerade in der kritischen Umsetzungsphase bei auftauchenden Problemen nicht entmutigen zu lassen und konsequent nach kreativen Auswegen zu schauen.

Impuls 7 ----------------------------------------------------------------------

Die Zufalls-Auswahl von Ideen ersetzt langwierigen Bewertungs- und Auswahlprozess.

In einem Innovations-Workshop für den Pumpenhersteller IXETIC GmbH schlug ich vor, die weiterzuverfolgenden Ideen per Zufall auszuwählen. Führt schon die inverse Bewertung meist zu heftiger Unruhe (siehe Impulse 2/2006), dann führte dieser Vorschlag fast zum Aufstand: Von "Blödsinn", "ohne mich!" bis "ja, gut" variierten die Reaktionen.

Der Aufruhr aber ermöglichte es, ausführlich darüber zu reflektieren, was eine "gute" Idee ausmacht und wann sie zum Erfolg wird. Eben nicht - so die Erkenntnis u.a. - weil die Idee per se "gut" ist, sondern weil die Idee von Personen getrieben, "gemacht" wird, es also nicht entscheidend ist, welche Idee gewählt wird.

Das grösste Problem der Zufalls-Auswahl ist jedoch: wie nach aussen präsentieren? "Wir haben die Idee per Zufall ausgewählt" findet ausserhalb nur wenigen Akzeptanz. Ein Teilnehmer schlug daher vor, das Verfahren einfach Monte Carlo Technik zu nennen.


© 2007 Arno Dirlewanger
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"Ideenfindung für Innovation neu inszeniert"
"Mr. Spock - I presume?! Science Fiction in German Companies"
"Dirlewanger Innovations Impulse" Nr. 2, 2007
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